Heroes in Krefeld

Friedrich Berlemann: Ein tierisch guter Botschafter

„Lieber fehlerhaft angefangen, als perfekt gezögert.“ Noch heute ist es genau diese Mentalität, die Friedrich Berlemann auf allen Ebenen seines Schaffens auszeichnet.

Nicht meckern, sondern machen. So lautet einerseits die Forderung Friedrich Berlemanns in Richtung der Krefelder Bürger, aber es könnte auch als Leitmotiv über seiner eigenen Vita stehen. Mit inzwischen 77 Jahren blickt Berlemann auf ein überaus erfolgreiches Berufsleben zurück, ohne dabei im Schaukelstuhl der Vergangenheit zu leben. Als geschätzter Berater in der Lebensmittel- und Verpackungsindustrie, Ehrenpräsident des Marketingclubs oder als Gesellschafter der Krefelder Beteiligungsfirma „KR“ bleibt er weiterhin im Unruhestand. Ein Funkeln in den Augen blitzt beim Hobby-Golfer immer dann auf, wenn er über sein liebstes Projekt spricht: den Krefelder Zoo und sein Engagement bei den Zoofreunden. Ein Herzensprojekt, das ihn mit Stolz und Sinn erfüllt.

Friedrich Berlemann gehört zu den wenigen Menschen, die der absolute Mangel zur Selbstdarstellung auszeichnet. Immer höflich, immer freundlich, aber gleichzeitig immer klar und zielorientiert flutet er den Raum mit einer Aura, die niemanden unberührt lässt. Berlemann wurde als Sohn einer Kaufmannsfamilie geboren. Lebensmittel spielten seit jeher eine Rolle in seinem Leben. Schon als kleiner Junge ging er gerne in den Zoo, seinerzeit oftmals in Wuppertal. „Für mich waren die Zoobesuche damals immer ambivalent. Einerseits faszinierten mich Tiere, aber die Haltungsformen waren aus meiner Sicht nicht tiergerecht“, blickt er zurück in jene Tage. Den Wunsch seiner Eltern abschlagend, einmal ins Familiengeschäft einzusteigen, hatte sich Berlemann zum Kaufmann aufgeschwungen, ehe er auf der werbefachliche Akademie den Grundstein für seine spätere Karriere legte. Werbung und Marketing war seinerzeit Pionierarbeit in der Lebensmittelindustrie und die perfekte Spielwiese für den ambitionierten Macher. „Viele Dinge, die heute völlig selbstverständlich sind, steckten damals in den Kinderschuhen. Für uns war die Einführung der Barcodes eine Revolution zur Messbarkeit unserer Maßnahmen. Heute unvorstellbar“, lacht der Wahl-Krefelder und schüttelt den Kopf. Berlemann war schon immer ein Mann der klaren Worte und hat nie die Verantwortung gescheut. Eigenschaften, die ihn in die höchsten Ebenen bei Tengelmann-Kaiser’s brachten. Auch über dem großen Teich, in New Jersey, schätzte man seine Dienste für die Tengelmann-Tochter „The Great Atlantic and Pacific Tea Company“. Die Mentalität der Amerikaner hat mich nachhaltig beeinflusst“, so Berlemann, „in Deutschland leben wir in einer Kultur des Zauderns, Haderns und Zögerns. In Amerika gilt der Grundsatz: Lieber fehlerhaft angefangen, als perfekt gezögert.“ Noch heute ist es genau diese Mentalität, die ihn auf allen Ebenen seines Schaffens auszeichnet.

Friedrich Berlemann in seinem Element: Als 1. Vorsitzender der Zoofreunde ist er maßgeblich an der Entwicklung des Zoos beteiligt.

Nach Krefeld hat es die Berlemanns vor 35 Jahren verschlagen, als sie nach einem Zuhause in der Nähe des in Mülheim sitzenden Arbeitgebers suchten. Schnell wurden sie Teil der Gemeinde in Verberg, engagierten sich im Brauchtum und erlebten den Karneval hoch auf dem Wagen. „Obwohl wir jetzt mehr Zeit haben, fahren wir dennoch selten in Urlaub. Meine Frau fragt mich immer: ,Wo haben wir es denn so schön wie hier?‘ Und sie hat Recht. Wir sind in wenigen Minuten im Stadtwald oder an den Kuhlen. Das genießen wir sehr“, erzählt Berlemann auf der Terrasse seines Hauses mit Blick in den liebevoll gepflegten Garten. Doch Krefeld ist mehr als nur Heimat für den aus Witten stammenden Kosmopolit, weshalb er Mitte der 2000er-Jahre mit sieben Gleichgesinnten den Marketing Club Krefeld gründete. Sein Ziel: Firmen miteinander zu vernetzen und die Wichtigkeit des eigenen Marketings in den Fokus zu setzen, damit Unternehmen erfolgreicher werden und so die Region stärken. „Marketing und Werbung werden oft fälschlicherweise als Synonym verstanden“, erzählt Berlemann aus seinen Erfahrungen, „dabei ist Marketing so viel mehr. Ich habe oft erlebt, dass Unternehmen wie entfesselt am Markt agieren konnten, als sie Marketing im Kern verstanden und zur Anwendung gebracht haben.“ 2005, als der Zoo von der Stadt entkoppelt zur gGmbH umfirmiert wurde, war es der Marketing Club, in dem Berlemann für den Zoo begeistert wurde. 2008 übernahm er auch die Verantwortung für den Verein der Zoofreunde und gleichzeitig die Verantwortung als Gesellschafter. „Mir war es sehr wichtig, dass dieser Prozess im Zoo stattfand, denn er war die Grundlage dafür, wirklich etwas verändern zu können. Als man also an mich herantrat, um mich für ein Engagement bei den Zoofreunden zu begeistern, habe ich gleich zugestimmt, denn hier konnte ich etwas tun, das zum Wohle vieler war“, so Berlemann weiter.

Als Tierfreund und Manager wusste Berlemann in diesen Tagen, dass eine Veränderung der Haltungsumstände der Schlüssel für beides sein würde: mehr Tierwohl und eine größere Attraktivität des Zoos für die Besucher. „Am Anfang galt es, eine neue Stimmung für den Zoo zu kreieren, Aufbruch und den Mut zur Veränderung zu kommunizieren. Der Zoo brauchte Botschafter .Wir wollten den Zoodirektor bei den großen Aufgaben unterstützen“, erzählt der heutige 1. Vorsitzende der Zoofreunde. Unermüdlich warb Berlemann fortan für neue Projekte, teilte seine Vorstellung von Bildung, Tierwohl, naturnahen Gehegen mit Rückzugsorten und vom Zoo als Spezien erhaltende Arche. Viele, viele Millionen Euro konnten er und seine Mitstreiter für die Entwicklung des Zoos gewinnen und so fast alle zwei Jahre ein neues Gehege oder Gebäude zur Wissensvermittlung eröffnen. Ob Forscherhaus, Schmetterlingsdschungel, Pinguinpool oder Gorillagarten, wann immer Berlemann über diese Zooprojekte spricht, huscht ihm ein Lächeln übers Gesicht. Voller Leidenschaft und mit vielen Anekdoten unterfüttert erzählt er von Kindern, auf deren Schultern Schmetterlinge sitzen oder von Kidogo, der den Krefelder Zoo durch seinen Seiltanz über Nacht weltberühmt machte. Nachdenklich und betroffen macht Berlemann bis heute die Erinnerung an die Silvesternacht 2020. „Was dort nach Mitternacht passiert ist, war schlicht traumatisierend. Früh morgens war ich im Zoo und habe bis zur Pressekonferenz alles miterleben müssen“, rekapituliert er die Ereignisse. Es ist Ausdruck seiner Persönlichkeitsstruktur, dass er dem Kummer nur kurz Raum gibt und danach wieder auf die Sonnenseite verweist: „Es hat mich tief beeindruckt, wie solidarisch die Krefelder mit ihrem Zoo umgegangen sind. Kleine Kinder standen mit ihren Spardosen vor den Toren, jeder hat auf seine Art einen Beitrag geleistet. Das hat nicht nur mir, sondern allen Betroffenen sehr geholfen, mit dieser Tragödie umgehen zu können.“ Mit großer Vorfreude blickt Berlemann ins nächste Jahr, dann nämlich soll der neue Park für Menschenaffen realisiert werden. „Ich bin froh, dass sich die Stadtgemeinschaft dafür entschieden hat, die Tradition der Menschenaffen-Haltung in Krefeld fortzuführen, wo sie eine echte Tradition hat. Und ich bin dankbar für jeden, der mit seinen Spenden zum Neubau des Artenschutzzentrums Affenpark beiträgt.“

In einer Zeit, in der alle über das Rentenalter diskutieren und viele gar nicht früh genug aus der Erwerbstätigkeit ausscheiden können, ist Friedrich Berlemann ein leuchtendes Beispiel dafür, dass es Aufgaben und Leidenschaft sind, die geistig jung halten. Natürlich ist er in der privilegierten Situation, nicht mehr alles machen zu müssen, aber es ist der Wille zur Veränderung, der ihn antreibt. Es ist der Stadt zu wünschen, dass sich viel mehr Menschen ehrenamtlich für Aufgaben in der Gemeinschaft einsetzen. Denn wer gibt, bekommt noch mehr zurück: Dankbarkeit, Respekt und Anerkennung.


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Fotos: Lucas Coersten und Luis Nelsen // Grafik: Michael Strogies
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